Gregor Gysi im Gespräch mit Pastor Stefan Tausch vom Katholischen Forum und Dr. Klaus Klother von der Kath. St. Paulus Gesellschaft. Foto: Kath. St. Paulus Gesellschaft
Gregor Gysi im Gespräch mit Pastor Stefan Tausch vom Katholischen Forum und Dr. Klaus Klother von der Kath. St. Paulus Gesellschaft. Foto: Kath. St. Paulus Gesellschaft

„Entweder verurteilt man die Kirche oder man findet sie fantastisch. Beides ist nicht richtig“, erklärt Gregor Gysi, Bundestagsabgeordneter für die Linken im Bundestag, zu Beginn seines Vortrags am Freitag im Mallinckrodt Gymnasium. Über 250 Gäste hörten gespannt den Ausführungen des Politikers zu, der das Publikum in seinem Vortrag durch die unterschiedlichsten Bereiche der Politik führte. Soziale Gerechtigkeit, Bildungspolitik, Klimakrise und Politikverdrossenheit waren genauso Thema, wie der Ukraine-Krieg, die Verschiebung der Machtzentren in der Weltpolitik sowie die immer geringer werdende Rolle demokratischer Staaten in diesem Gefüge. Wahrlich keine leichte Kost für einen Freitagabend.

Moralische Orientierung

Der erfahrene Politiker verstand es bestens, die Zuhörerinnen und Zuhörer zum Nachdenken und auch zum Lachen zu bringen. Und auch auf die Rolle der Religion kam Gregor Gysi immer wieder zu sprechen: „Religion – nicht die Institution Kirche – kann allgemein verbindliche Moralvorstellungen in der Gesellschaft verankern. Das kann sonst niemand, auch nicht die Parteien – egal ob sie ‚christlich‘ im Namen tragen oder nicht.“ Die biblische Bergpredigt gebe eine solche moralische Orientierung. Zwar würden die Menschen sie nicht immer erfüllen: „Aber die Hoffnung bleibt, dass wir so werden.“ Die große Chance der Katholischen Kirche bestünde seiner Meinung nach darin, dass sie bereits auf der ganzen Welt vertreten sei. „Sie muss aber“, so Gysi „zu einer anderen Rolle finden, unabhängig sein und den Menschen moralische Maßstäbe geben. Das kann sie jedoch nur, wenn sie die Aufklärung von Missbrauchsfällen radikal vorantreibt und als Institution die eigenen Kriterien und Handlungen kritisch hinterfragt. Und nun ja, wenn die Frauen dann in der Kirche auch noch mehr Rechte bekämen, wäre das auch sehr schön.“

Positive Veränderungen

Der überzeugte Atheist schloss seinen Vortrag mit einer persönlichen Anekdote: „Ein gläubiger Mensch hat mir gesagt, dass Gott mich liebt. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Wenn es ihn gibt, hoffe ich, dass es auch so bleibt.“ Im Gespräch mit Pastor Stefan Tausch vom Katholischen Forum und Dr. Klaus Klother, von der Kath. St. Paulus Gesellschaft, beantwortete Gregor Gysi auch die Frage, woher er den Optimismus für eine bessere Gesellschaft nehme: „Meine Lebenserfahrung. Ich bin gegen jede Erfahrung Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Es gibt eben auch positive Veränderungen. Diese Hoffnung brauche ich.“

Beim anschließenden Imbiss diskutierte der Linken-Politiker mit vielen Besucher:innen und stellte sich auch bis in den späten Abend den zahlreichen Fragen der Schülerinnen und Schüler des Mallinckrodt Gymnasiums.