Sie gilt als „Mystikerin der Straße“, „Pionierin des Glaubens“ in einer säkularen Welt, „christliche Sozialrevolutionärin“. Es gibt viele Versuche, die Französin Madeleine Delbrêl (1904 bis 1964) zu kennzeichnen und zu beschreiben. Für die hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger der katholischen Kirche in Dortmund stand am Mittwoch das ungewöhnliche Lebenszeugnis der Frau aus Mussidan (Dordogne) einen Tag lang im Mittelpunkt. Einen großen Teil ihres Lebens verbrachte Madeleine Delbrêl im damaligen Arbeiterviertel Ivry, einem sozialen Brennpunkt bei Paris, und wählte bewusst diese Umgebung für ihre Mission.

Ihrer Zeit voraus

Unter der Leitung von Dr. Annette Schleinzer beschäftigten sich die Mitglieder der Dekanatspastoralkonferenz in der Katholischen Akademie Schwerte unter anderem damit, was die Kirche heute von Madeleine Delbrêl lernen könnte. „Sie war in ihrer Biografie unserer Zeit voraus“, sagte Pastor Stefan Tausch vom Katholischen Forum in Dortmund, der die Tagung mit vorbereitet hatte. Das „Ende der Volkskirche“ sei in dieser Zeit in Frankreich bereits deutlich spürbar gewesen. ‎Dr. Annette Schleinzer, Theologin und Exerzitienbegleiterin promovierte 1993 über Madeleine Delbrêl. In zwei Impulsen beschrieb sie den Lebensweg und verschiedene Bekehrungserlebnisse bei Madeleine Delbrêl. Eines habe darin bestanden, zu erkennen, dass es nicht darum gehen müsse, dass ein Mensch katholisch werde, sondern „dass er mit dem Gott des Evangeliums in Berührung kommt“.

Es gehe darum, „Gott in der Welt einen Ort zu sichern“. Nicht christliche Traditionen, Mentalität, Methoden oder Pläne seien wichtig, sondern nur der Glaube. Der Glaube müsse sich wandeln können und dürfe nicht im Gewohnten verhaftet sein. „Es geht darum einen neuen Einklang zwischen den Menschen unserer Zeit und dem Glauben zu finden“, erläuterte Annette Schleinzer. Wie Madeleine Delbrêl, die in einem für alle offenen Haus in dem Arbeiterviertel lebte, sei es wichtig, dort hinzugehen, wo die Menschen leben würden und ihre Sorgen und Nöte zu teilen.

Sichtbare Aktion

„Das Evangelium zu verkünden muss verbunden sein mit einer sichtbaren Aktion“, führte Annette Schleinzer mit Bezug zu Madeleine Delbrêl aus. Diese habe sich für die Belange der Menschen ihres Viertels eingesetzt, auch durch politische Aktionen. Notwendig seien „Begegnungen ohne Taktik und Methoden“ und auf „das Hoffen der Menschen zu lauschen, ohne sie verkirchlichen zu wollen“. Madeleine Delbrêl habe bewusst Ehrenämter und Aufgaben in der Pfarrei abgelehnt, um dorthin zu gehen, wo die Kirche nicht sei. Das habe naturgemäß zu Spannungen mit der Pfarrei und mit Pfarrern geführt.

In Kleingruppen wurden am Nachmittag die Impulse weiter diskutiert. Die Themen der Arbeitsgruppen waren überschrieben mit „Sprache der Kirche“, „Auf das Hoffen der Menschen lauschen“ und „Gott einen Ort sichern“.

Mit dem Lebenszeugnis von Madeleine Delbrêl beschäftigten sich die Mitglieder der Dekanatspastoralkonferenz aus Dortmund am Mittwoch in der Katholischen Akademie Schwerte (v.l.): Pastor Stefan Tausch, Referentin Dr. Annette Schleinzer, Propst Andreas Coersmeier und Geschäftsführer Thomas Renneke. Foto: Michael Bodin / Kath. Pressestelle Dortmund
Mit dem Lebenszeugnis von Madeleine Delbrêl beschäftigten sich die Mitglieder der Dekanatspastoralkonferenz aus Dortmund am Mittwoch in der Katholischen Akademie Schwerte (v.l.): Pastor Stefan Tausch, Referentin Dr. Annette Schleinzer, Propst Andreas Coersmeier und Geschäftsführer Thomas Renneke. Foto: Michael Bodin / Kath. Pressestelle Dortmund
Dr. Annette Schleinzer, Theologin und Exerzitienbegleiterin, stellte in der Katholischen Akademie Schwerte das Lebenszeugnis von Madeleine Delbrêl vor. Foto: Michael Bodin / Kath. Pressestelle Dortmund
Dr. Annette Schleinzer, Theologin und Exerzitienbegleiterin, stellte in der Katholischen Akademie Schwerte das Lebenszeugnis von Madeleine Delbrêl vor. Foto: Michael Bodin / Kath. Pressestelle Dortmund