Kirchen suchen Helfer ohne Helfersyndrom
Wer diese Aufgabe wahrnehmen möchte, der muss starke Nerven haben; zuhören können; und vor allem muss er es wirklich wollen! Denn nur dann investiert jemand nebenberuflich so viel Zeit in eine Ausbildung, die später kein Geld bringen wird – und auch keinen „Spaß“. Wohl aber das Glück oder die Freude, andere Menschen wirklich unterstützen, ihnen beistehen zu dürfen.
Im Januar wird der nächste Kursus „Notfallseelsorge und Krisenintervention“ im „Zentrum für Seelsorge und Beratung“ des Ev. Kirchenkreises Dortmund starten. Dann kommen die Teilnehmenden fast jeden Donnerstag abends und jeden vierten Samstag mit den Referenten zusammen, um sich grundlegendes Wissen anzueignen: Über Psychotraumatologie, psychosoziale Akuthilfe, Trauer in unterschiedlichen Kulturen, Kommunikationstheorien u.v.m. Der Kurs geht bis Ende Juli; Interessenten sollten sich jetzt bewerben, denn bis zum Advent wird die Teilnehmerliste feststehen. Die Koordinatoren der Schulung und auch des Dortmunder Notfallseelsorge-Teams sind Pfarrer Hendrik Münz für die evangelische und Pastor Meinhard Elmer für die katholische Kirche.
Hendrik Münz ist auch selbst oft im Einsatz. So kommt er gerade von einem Wohnhausbrand. Die Menschen, die dadurch ihr Zuhause verloren haben, haben ihm erzählt, was passiert ist; sie konnten so schon während des Redens ihre Gedanken ordnen, wieder etwas ruhiger werden. Der Pfarrer hat in erster Linie zugehört.
„Wer Notfallseelsorger ist, muss sich zurücknehmen können, zuhören. Er sollte sich selbst reflektieren und über sich lachen können, ein sicheres Gespür für Recht und Unrecht haben und ganz praktisch: In der Lage sein, zu einer schlimmen Uhrzeit an einem schlimmen Ort zu sein, um dort zu erleben, was man eigentlich nicht erleben möchte.“
Das kann nicht jeder. Aber wer es kann und sich hat schulen lassen, der kann Schönes erleben: „Es macht tatsächlich Freude“, sagt der Pfarrer, der u.a. auch Fachberater für Psychotraumatologie und Feuerwehrseelsorger ist. „Das Besondere ist, dass man sofort sieht, dass unser Tun geholfen hat. Man macht die betroffenen Menschen durch seine Anwesenheit wieder handlungsfähig. Wenn sie selbst zum Telefonhörer greifen, um Verwandte anzurufen, dann weiß man, dass sie sich mit der Zeit wieder fangen können.“

Ein Gespräch beginnt Münz oft mit der Frage „Möchten Sie mir erzählen, was passiert ist?“ Schon allein dadurch, dass die Menschen, die ja „unter Schock“ stehen, mit Ja oder Nein antworteten, gewännen sie ein Stück Kontrolle zurück, so Münz. „Einfach, weil sie etwas entscheiden.“
Schließlich lässt Münz den Menschen seine Visitenkarte da. Sie dürfen ihn gerne nochmal anrufen. Aber ein Therapeut, das sei er nicht. Doch könne er ggf. weitervermitteln. Beispielsweise an die entsprechenden Beratungsstellen des Evangelischen Kirchenkreises.
Pfarrer Münz möchte gerne andere Menschen dafür begeistern, Notfallseelsorger zu werden. So, wie es ja schon 75 in Dortmund sind. Er freut sich auf Gespräche mit Interessenten für die Fortbildung und stellt eine Schulung in Aussicht, die auf jeden Fall auch den eigenen Horizont erweitert.
Wer gerne Notfallseelsorgender werden möchte, kann unkompliziert Kontakt aufnehmen:
Pfarrer Hendrik Münz, 0231 / 2 29 62 – 497, hendrik.muenz@ekkdo.de, https://www.notfallseelsorge-dortmund.de/aufgaben
Noch ein „wichtiger“ Hinweis: Für Notfallseelsorger gibt es kein „Blaulicht für´s Auto“. Münz wurde öfters von Interessenten danach gefragt und musste verneinen. „Der Job ist weder etwas für Menschen mit Helfersyndrom noch mit Profilneurose. Und wir sind auch nicht bei „Cobra 11“. Das ist ein unauffälliges Ehrenamt für patente und empathische Menschen, die gerne andere unterstützen und sich daran erfreuen, wenn das gelingt.“
